Wer hat, dem wird gegeben
von Tobias Wiegelmann
Holzschnitt zum Gleichnis (um 1712)
Über Talente und wie man damit umgeht
Als ich gefragt wurde, ob ich nicht den „Impuls“ zu der Ihnen vorliegenden Ausgabe der PflegeLeben (Anm. d. Red.: Dieser Beitrag wurde als Spiritueller Impuls für die Ausgabe 02/2013 unseres Mitgliedermagazins "PflegeLeben" verfasst) schreiben wolle, fiel mir spontan das Gleichnis vom anvertrauten Geld ein, das wir unter Lukas 12, 19-27 finden. Hier heißt es:
Jesus erzählt seinen Jüngern folgendes Gleichnis:
Es ist wie bei einem Mann, der vorhatte, in ein anderes Land zu reisen. Er rief seine Diener zu sich und vertraute ihnen sein Vermögen an. Einem gab er fünf Talente, einem anderen zwei und wieder einem anderen eines – jedem seinen Fähigkeiten entsprechend. Dann reiste er ab.
Der Diener, der fünf Talente bekommen hatte, begann sofort, mit dem Geld zu arbeiten, und gewann fünf weitere dazu. Ebenso gewann der, der zwei Talente bekommen hatte, zwei weitere dazu. Der aber, der nur ein Talent bekommen hatte, grub ein Loch in die Erde und versteckte das Geld seines Herrn.
Nach langer Zeit kehrte der Herr zurück und forderte seine Diener auf, mit ihm abzurechnen.
Zuerst kam der, der fünf Talente erhalten hatte. Er brachte die anderen fünf Talente mit und sagte: „Herr, fünf Talente hast du mir gegeben; diese fünf hier habe ich dazu gewonnen.“ – „Sehr gut“, erwiderte der Herr, „du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du bist mit dem wenigen treu umgegangen, darum will ich dir viel anvertrauen. Komm herein zum Freudenfest deines Herrn!“ Dann kam der, der zwei Talente erhalten hatte. „Herr“, sagte er, „zwei Talente hast du mir gegeben; hier sind die zwei, die ich dazu gewonnen habe.“ – „Sehr gut“, erwiderte der Herr, „du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du bist mit dem wenigen treu umgegangen, darum will ich dir viel anvertrauen. Komm herein zum Freudenfest deines Herrn!“
Zuletzt kam auch der, der ein Talent bekommen hatte. „Herr“, sagte er, „ich wusste, dass du ein harter Mann bist. Du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst ein, wo du nicht ausgestreut hast. Deshalb hatte ich Angst und vergrub dein Talent in der Erde. Hier hast du zurück, was dir gehört.“
Da gab ihm sein Herr zur Antwort: „Du böser und fauler Mensch! Du hast also gewusst, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und einsammle, wo ich nicht ausgestreut habe. Da hättest du mein Geld doch wenigstens zur Bank bringen können; dann hätte ich es bei meiner Rückkehr mit Zinsen zurückbekommen. Nehmt ihm das Talent weg und gebt es dem, der die zehn Talente hat! Denn jedem, der hat, wird gegeben, und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat. Doch diesen unnützen Diener werft in die Finsternis hinaus, dorthin, wo es nichts gibt als lautes Jammern und angstvolles Zittern und Beben.“
(Lukas 19, 12-27)
Das „Talent“ im wörtlichen Sinn bezeichnet eine Maßeinheit. Durch das Aufwiegen von Edelmetall war ein Talent auch als Währungsmaß zu gebrauchen. Wir begegnen hier drei verschiedenen Möglichkeiten, mit den verliehenen Talenten umzugehen. Der erste Diener beginnt sofort, damit zu arbeiten, und schafft es, seine Talente zu verdoppeln. Einem zweiten gelingt das ebenso. Der dritte Diener versteckt sein Talent. So verliert er es nicht, kann aber auch nichts dazu gewinnen.
Wie gehen wir selber mit unseren Talenten um?
Offensichtlich hat der Herr in diesem Gleichnis im Sinn, dass die Talente gewinnbringend eingesetzt werden. Sie sollen Frucht bringen. In unserem Sprachgebrauch ist der Begriff „Talent“ zum Synonym für Begabung geworden. Jemand ist talentiert, wenn er etwas besonders gut kann. Das Evangelium von den Talenten fordert uns geradezu heraus, unsere Begabungen zu leben. Schauen wir doch mal etwas genauer auf den dritten Diener. Dieser hat sein Talent verborgen, weil er Angst hatte, sein Herr würde es ihm nehmen. Kennen wir das nicht auch aus unserem Arbeitsalltag?
Manche Begabungen verstecken wir lieber, aus Angst, zuviel auf den Hals zu bekommen. So kann es in einem Team laufen. Wenn man an der falschen Stelle eine Kompetenz offenbart, sich damit zum Einäugigen unter den Blinden macht, hat man schnell eine weitere Aufgabe dazu. Doch genau darum geht es hier.
Begabungen sind dazu da, gelebt zu werden
Talentiert zu sein, bedeutet ja noch nicht automatisch, ein Spezialist zu sein. Im ersten Schritt bedeutet ein Talent zu haben: In diesem Bereich lerne ich sehr schnell. Darin liegt unsere Verantwortung. Darin liegt aber auch ein Teil unserer Berufung. Wir dürfen davon ausgehen, dass unser Platz in dieser Gesellschaft mit unseren Begabungen zu tun hat. Dort, wo es uns leicht fällt, uns zu entwickeln, ist unser Ort. Hier können wir unsere Talente einsetzen, sie vermehren und zurückgeben.
Setzen Sie Ihre Talente ein. Mehren Sie Ihre Talente. Entwickeln Sie sich!
Das können Sie nicht nur in Ihrem Alltag machen – sondern auch beim Katholischen Pflegeverband und in der Pflegelandschaft. Sie werden sehen, es lohnt sich.
Ihr Tobias Wiegelmann, Köln
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